Erinnerung feiern
Der dritte Oktober ist ein herrlicher Feiertag.
Und doch wird er für mich überstrahlt von einem größeren Ereignis: Ich zünde am 9. Oktober eine Kerze an, abends, wenn es schon dämmrig ist.
Mit ihr setze ich mich auf die Treppenstufen vor unserem Haus und schau, wer vorbeikommt. Wenn ich mutig bin, entspinnt sich ein Gespräch „Warum die Kerze?“
Weil ich Leipzigerin bin, weil die Friedensgebete und die Montagsdemonstration vom 9. Oktober das Reden meiner Eltern über politische Möglichkeiten und Lebensperspektiven in der DDR völlig verändert haben.
Weil ich als Erwachsener mehr und mehr davon verstehe, was damals passiert ist, und nicht weniger begeistert bin.
Weil ich das Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ immer noch für eine zukunftsträchtige Option halte.
„Ach,“ winkt mein Nachbar ab, „die Wende!“
Ich feiere das: den Mut, das Gottvertrauen, die Sehnsucht nach friedlichem Wandel, die großen Ideen, die Begeisterung, den Trotz, die Kerzen in den Händen der vielen im Herbst 1989 - und die Gebete.